Luftbild Weidelbach (Nov. 2003)

 

Geschichte des Dorfes Weidelbach

   

Die Geschichte des Dorfes wurde von Herbert Sinning, Melsungen zusammengetragen und verfasst

Stand April 2004

Weidelbach ist der höchstgelegene Stadtteil von Spangenberg (Schwalm-Eder-Kreis) auf 380 - 400m über NN am Fusse des 583m hohen Eisberges. In Weidelbach leben heute 148 Einwohner.

Die Stadtteile von Spangenberg

 

Weidelbach wurde zum ersten Mal 1335 urkundlich erwähnt (Wydilbach, 1546 Weydelbach: Urkunde von 1335 im Staatsarchiv Marburg unter den Ziegenhainer Akten). Das Dorf war aber damals sicherlich bereits Jahrhunderte alt. Wie vielerorts, wo wir selbständige Kirchen (sog. Mutterkirchen) haben, sind diese auch Gerichtsorte. So auch vermutlich Weidelbach für die Gegend diesseits des Eisberges. Möglicherweise war Weidelbach jüngere Mutterkirche, losgelöst von Reichenbach, dessen Pfarrer Rechte im Kirchspiel bis in das 19. Jahrhundert hatten.

 

Das Kloster Germerode hatte im 13. Jahrhundert Besitzungen in Weidelbach und an den Dörfern (?) am Eisberg: Wüstung Mersrode!

 

Um 1339 wird der Jägerborn (bis 1999 erhielt Weidelbach sein Trinkwasser von hier: Gemarkung Vockerode-D.) zum 1. Mal genannt. Die Landgrafen jagten gern in dieser Gegend.

1530 war sozusagen die 1. Eingemeindung: Vockerode und Weidelbach kamen vom Amt Reichenbach-

Lichtenau zum Amt Spangenberg.

 

1762 (7-jähriger Krieg!) taucht zum ersten Mal der Name „ Franzosen Straße“ auf. Sie war (ca. 750 – 800 n.Chr.) Grenzweg zwischen dem alten Hessengau ( pagus Hassorum) nach Osten. Im „Sieben-Jährigen-Krieg“ flohen die Franzosen von Kassel her in den Raum Bebra.

1770 – 72 wurde der Kartoffelanbau (Hungersnot!) vorangetrieben. (Großer Alkoholkonsum >Kartoffelschnaps<)

 

1781 wird im Kirchenbuch berichtet, dass die Bischofferöder ihre Toten in Weidelbach beerdigen. Erst 1827 erhält Bischofferode einen eigenen Friedhof. 1868 wird der alte Friedhof in Weidelbach (neben der Schule) angelegt (vorher wurden die Toten auf dem  Kirchhof beerdigt!), 1924 neuer Friedhof am Vockenberg.

 

Bis ca. 1850 sind unsere Dörfer Leineweberdörfer mit schwacher Landwirtschaft gewesen.

 

Volkszählung 1861: 187 Einw. (90 m./97 w.). Bestehende Ehen: 34, Witwen: 6, ledige Personen: 56 m./57 w..

 

1866 werden auf Anordnung Landbriefträger eingesetzt und die Gemeinde bringt auf eigene Kosten Briefkästen an. 1882 wird in Weidelbach nach mehrjährigen Verhandlungen der Interessentenwald gebildet (vorher ein Halbgebrauchswald).

 

 

1872/79 Bau der „Kanonenbahn“, 1879 Einweihung des Tunnels. Haltestelle Bischofferode erst 5 Jahre später  auf Intervention von Pfarrer Vilmar (vorher mussten die Reisenden nach Spangenberg oder Burghofen laufen!) gebaut.1907 wird eine öffentliche Fernsprechstelle und Post im Haus Nr.2 (Gaststätte Mänz) eingerichtet.

 

Schule 1930

 

1907 wird die Schule gebaut.

1920 erhält Weidelbach Stromanschluss.

1926 Beschluss der Gemeindevertretung, das Trinkwasser vom Jägerborn zu holen und

1928 Beschluss zum Wasserleitungsbau im Dorf.

1928/29 Bau der Wasserleitung durch die Firma Schäfer und Pfeiffer, Kassel. Die Gesamtkosten betrugen 36186,90 Mark. (Die Gemeinde Vockerode erhielt 500 Mark für die Quelle am Jägerborn).

1.Januar 1974 Eingemeindung nach Spangenberg. Am 29.12.1973 fand die letzte Gemeindevertretersitzung statt.

1975 wurde die Friedhofskapelle gebaut. Hier konnte man auf einen ansehnlichen Betrag aus dem Nachlass von Johannes Vaupel, der verfügt hatte, dass von diesem Geld eine Friedhofskapelle in seinem Heimatdorf  gebaut werden solle, zurückgreifen. Die Eigenleistung war so groß, dass vom geerbten Geld auch noch ein Teil zum Bau des DGH genutzt werden konnte.

Das DGH steht an der Stelle des alten Pfarrhauses, das dem Bau weichen musste. Dieses wurde 1792 über altem Kellergewölbe gebaut. Das dürfte wohl das dritte Pfarrhaus in Weidelbach gewesen sein (s. Bild unten).

1394 entsteht das Kirchspiel Weidelbach mit seinen Filialen Bischofferode und Vockerode. Der damalige Geistliche war ein Curd Loiwer mit dem Amtstitel „Plebanus“ (d.h. Welt –oder Volksgeistlicher), auch Curd Loiber oder kurz „ Herr Curd, Pfarrer zu Widelbach“ genannt.

Kurz vor der Reformation (1510 – 1514) wird ein Priester mit Namen Johannes erwähnt. Er dürfte bereits in einem Pfarrhaus an oben erwähnter Stelle gewohnt haben. Der letzte katholische Pfarrer Joan Armbröster dürfte auch der erste evangelische gewesen sein (um 1530!).

1531 ist auf einer alten Besiedlungskarte schon eine Kirche in Weidelbach eingezeichnet. Sie war die wesentlich kleinere Vorgängerkirche der jetzigen aus Sandstein massiv 1756/57 erbauten Kirche. Der Kirchturm wurde im Jahre 1759 (s. Wetterfahne!) fertiggestellt.

 

Pfarrhaus 1927

 

Kirche 1927

 

Aus vorreformatorischer Zeit (also vor 1517) soll die kleine Glocke,

die jetzt neben der Kanzel aufgestellt wurde, stammen.

 

 

Ich möchte nicht alle 32 ev. Pfarrer von dem oben schon erwähnten Armbröster bis Pahlmann, die alle im o.a. Pfarrhaus wohnten, aufzählen. Einige sollen jedoch hervorgehoben werden:

1704 wird von der Taufe einer Zigeunertochter durch den Pfarrer Paul Meurer berichtet. Gehoben wurde sie von der Tochter des Greben (also Bürgermeisters) Christoffel Hartung. Der Pfarrer selbst hatte 11 Kinder, 4 wurden in Friedewald (1671 – 1674), 7 in Weidelbach geboren. Zwei starben in Weidelbach und wurden in der Kirche beigesetzt. Bei Renovierungsarbeiten  wurde eine Grabplatte, umgekehrt liegend, gefunden. Nach der Säuberung stellte man fest, dass Schrift und Farben besonders gut erhalten sind.

 

 

1875 – 1902 war Georg Wilhelm Friedrich Vilmar Pfarrer in Weidelbach. Er entstammte einer bekannten hessischen Gelehrtenfamilie. Neben seiner Tätigkeit als Pfarrer begleitete er auch das Amt eines Schiedsmannes. Das Protokollbuch liegt noch vor.  

 

Pfarrer Vilmar

 

Ihm folgten von 1903 – 1930 die Pfarrer Klappert, Dietzel, Biel und Buchenau.

Pfarrer Werner Buchenau, Sohn des bekannten Turnrats Buchenau aus Kassel, verwaltete die Pfarrstelle Weidelbach vom 1.2.1924 bis 31.12.1930. Ihm ist es zu verdanken, dass viele Fotos von Menschen und Gebäuden Weidelbachs entstanden sind. Manche Urkunde, Bilder und viele Hinweise in dieser Chronik entstammen seiner Sammeltätigkeit.

Von 1931 bis 1946 mussten die Pfarrer Dr. Bachmann und Höhndorf aus Spangenberg ihren anstrengenden Dienst im Kirchspiel verrichten.

Erst im Januar 1947 zog wieder ein Pfarrer in das Pfarrhaus ein: Dr. Franz Pahlmann. Er blieb bis Juli 1958. Seine letzte Eintragung in die Kirchenchronik lautet: „Möge das Kirchspiel Weidelbach in Zukunft so besetzt werden, dass die Gemeinde Christi in den mannigfaltigen Gefährdungen dieser Zeiten und im Umbruch der dörflichen Verhältnisse nach Kräften- soweit dies Menschen vermögen, gefördert werden. Möge Gott den Gemeinden des Kirchspiels Weidelbach gnädig sein.“

Auf Pfarrer Dr.Pahlmann folgten die Pfarrer Schlaf, Bäcker, Schiffner und Hartke (alle Pfieffe).

Am 1.1.1974 wurde die Pfarrstelle Weidelbach endgültig aufgehoben. Damit wurde nur das rechtlich nachgeholt, was faktisch schon 1958 bestand. Jahrhunderte schmiedeten das Kirchspiel zusammen. Verschiedene Anlässe, nicht zuletzt die Konfirmationen, führten die Gemeindemitglieder aller drei Gemeinden immer wieder in Weidelbach zusammen.

Am Palmsonntag, dem 24.März 2002, wurden die neuen Kirchenfenster eingeweiht.

Sehr wahrscheinlich gab es schon vor 1600 eine Schule. 1536 (?) war ein Opfermann (Küster, Kirchendiener) vom Pfarrer als „Schullehrer“ ausgebildet worden. Die Kinder der drei Gemeinden gingen nach Weidelbach in die Pfarrschule (Küsterschule) Weidelbach. Bergmann meint, es sei eine der ältesten Schulen im Kreis Melsungen gewesen. In einem Visitationsbericht heißt es: „Gantz kleine Kinder (aus Bischofferode) haben die Freyheit, das sie im Winter nicht nach Weidelbach in die Schule zu gehen gezwungen werden.“

1701 bekam Vockerode, 1710 Bischofferode eine eigene Schule.

 

Bis heute gab es vier Schulhäuser: 1601 das erste (das sog. Opfermannshaus);

vor 1600 wurde möglicherweise in einem anderen Haus unterrichtet. Es steht

zweifelsfrei fest, dass „Mells-Haus" (Mell,Holl,Sinning) das Opfermannshaus war.

(s. Bild!, 1932 abgebrannt).

 

1717 das zweite, 1800 das dritte, 1907 das vierte und letzte (inzwischen verkauft und in Privatbesitz), 1625 wird der erste Lehrer (Opfermann, Küster) genannt. Sein Name war Mentz. Von Mentz bis Schindewolf (1950-1961) sind in Weidelbach 34 Lehrer tätig gewesen. Nach dem Weggang Schindewolfs wurde die Schule aufgelöst.

Waltari Bergmann schrieb in einem Beitrag für die Spangenberger Zeitung über Weidelbach:

„Von welcher Seite her man sich diesem Örtchen nähert, überall ist man entzückt von der Schönheit der Landschaft mit seinen ausgebreiteten Wäldern, in die das Dorf eingebettet ist und wo man Ruhe und frische Luft atmet, jenseits von Lärm und Umweltverschmutzung. Weit schaut man hier von der Höhe ins Land hinein. Wir können nicht dankbar genug sein, dass wir solche Herrlichkeiten fast vor unserer Haustür haben. Viele aber sehen sie nicht.“ (1951)